Zweimal „Happy birthday” beim Händewaschen

In der Grundschule Jürgenohl lernen wieder die Viertklässler – Viele Regeln, doch die Freude überwiegt bei Lehrerinnen und Schülern

Goslar. Endlich können sie wieder gemeinsam in ihrer Schule. Nach sechs Wochen daheim hatten auch die Viertklässler der Grundschule Jürgenohl Goslar gestern und am Montag ihren ersten Schultag. Damit alle Abstände eingehalten werden, wird tageweise abwechseln jeweils nur die halbe Klasse unterrichtet. Zum ersten Lehrstoff der langen Pause gehörten eine Menge Regeln darüber, wie man sich während der Corona-Zeiten verhält, die Hände richtig wäscht und sich im Schulhaus mit Maske bewegt.

Viertklässler der Grundschule Jürgenohl können wieder in ihrer Schule lernen – auch wenn es viele Regeln gibt.

Goslar. An diesem Schulbeginn war nichts normal: Nach sechs Wochen Corona-Zwangspause durften Niedersachsens Viertklässler wieder in ihre Schule gehen.

Das gilt auch für die 65 Jungen und Mädchen der drei vierten Klassen der Grundschule Jürgenohl. Hier wird alles getan, damit sich die Schüler an Hygiene-Regeln halten und für Mindestabstände gesorgt ist.

„Es ist momentan für uns und die Kinder einfach eine ganz besondere Situation”, sagt Rektorin Christine Bulban. „Wir müssen das ganze Schulsystem umstrukturieren.” Man hat sich für ein Modell entschieden, bei dem abwechselnd tageweise jeweils eine halbe Klasse unterrichtet wird. Und was es auch noch nie gab: Morgens kommen die Kinder zeitversetzt am Schulhaus an. Hier wird dann jeder einzeln zu einem der vier Eingänge gelotst und erreicht von dort aus auf festgelegten Wegen den eigenen Platz im Klassenraum. Der Nachbarplatz bleibt frei. Immer wieder wird ans Händewaschen erinnert. Es müssen Masken getragen werden.

Trotz der neuen Vorschriften sind alle froh, wieder ein wenig mehr Normalität zu erleben. Lehrerin Iris Warnecke steht glücklich vor den Kindern ihrer 4b. Sie findet es auch nicht schön, mit Mundschutz zu unterrichten. „Schließlich kann mit Mimik viel gesagt und vermittelt werden.” Doch auch sie hofft wie alle, dass diese Zeit einmal vorbeigeht und alles wieder so ist, wie es Schüler und Lehrer kennen. Denn zurzeit unterrichten zwei Lehrkräfte jeweils eine halbe Klasse in allen Fächern, um den persönlichen Kontakt zu minimieren. Das soll auch noch in der kommenden Woche so sein.

Damit wenigstens ein Stück weit Normalität herrschen kann, wurde der Schulbetrieb in den vergangenen Tagen und Wochen komplett neu organisiert. Und auch die 265 Schüler und deren Eltern müssen auf dem Laufenden gehalten werden.

In der Klasse 4b kann bei Lehrerin Iris Warnecke wieder gelernt werden. Sie zeigt mit einem bunten “Corona-Stab” den Mindestabstand an.
Die Schüler sind sehr froh, endlich wieder in der Schule zu sein. Alle bemühen sich, die vielen neuen Regeln einzuhalten.

Spezieller Stundenplan

Einen normalen Stundenplan erstellen, dafür braucht Rektorin Christine Bulban normalerweise vier Tage. Nun hat sie mit Konrektorin Nina Schiborr einen speziellen Corona-Stundenplan entwickelt.Denn der Einsatz von 24 Kollegen und Kolleginnen, zwölf pädagogischen Mitarbeitern, zwei Sozialpädagoginnen, einer Praktikantin, einer „Bufdine” sowie sechs Schulbegleitungen muss koordiniert und immer wieder an neue Situationen angepasst werden. Und das bei einem so gro8en Schulteam.

Die letzten Dienstbesprechungen wurden in der Turnhalle durchgeführt, weil das Lehrerzimmer viel zu klein wäre. Hier wurde auch darüber diskutiert, wie man kindgerecht die Regeln vermitteln und aufs Einhalten achten kann. Dafür hat man sich allerhand einfallen lassen:

Ein bunt bemalter „Corona-Stab” zeigt, wie lang tatsachlich anderthalb Meter sind. Es wurden Schilder angefertigt, die im gesamten Schulhaus hängen. Eine „Helikopter-Übung” für zwischendurch macht die Abstände klar — dabei drehen sich die Kinder mit ausgestreckten Armen um die eigene Achse.

Die „Regeln für die Corona-Zeit” wurden außerdem liebevoll in einer kleinen Broschüre zusammengefasst. Damit zum Beispiel die Hände wirklich 30 Sekunden lang gründlich eingeseift werden, sollen die Kinder zweimal „Happy birthday” singen, wird empfohlen.

Alle Schüler haben sich am ersten Tag einen Film des Bundesministeriums für Gesundheit angesehen. „Der ist richtig gut gemacht und weist auf alle wichtigen Dinge hin”, sagt die Rektorin. Denn gerade das häufige Auf- und Absetzen der Masken, ohne sie zu sehr zu berühren, das sei nicht so einfach. Zusätzliche Wollbänder daran sind der neueste Vorschlag. „So konnten die Kinder sie während der Pause auch einfach mal hängen lassen, statt sie immer wieder anzufassen”, erklärt Christine Bulban. Seit Beginn der schulischen Zwangspause am 13. März ist sie quasi täglich an der Schule. Denn auch die „Notgruppen” müssen organisiert werden. In ihnen wurden und werden Kinder betreut, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten. Momentan sind es zwölf.

Rektorin Christine Bulban

Weitere Schüler kommen

Ab 18. Mai, das steht fest, werden auch die Schuler der dritten Klassen wieder zur Schule kommen. Ende Mai will man die jüngsten Schüler willkommen heißen. Stufenweise geht es also zurück in die Normalität — Schüler für Schüler.

„Wir Lehrer sind froh darüber, dass viele Eltern das Lernen zu Hause sehr gut unterstützt haben”, lobt Bulban. „Wir haben das Gefühl, dass gut und selbstständig gearbeitet wurde.”

Aufgaben wurden abgeholt, erledigt und zurück zur Schule gebracht. Nur vereinzelt sei das nicht der Fall gewesen. Dabei habe sich das Modell der „Eingangsstufe” bewährt. Dabei bekommen die Schuler der ersten und zweiten Klassen von vornherein individuelle Arbeitspläne.

Text/Fotos: Antje Seilkopf